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Jagdwende in Aicha vorm Wald

Welchen Wald wollen wir sehen?

natürlich, stark, frei

verbissen, schwach, eingezäunt

Fakten

Unser Wald ist …

Heimat

Unser Wald ist identitätsstiftend für unsere ganze Region: den Bayerwald. Ein Eichenwald ist Namensgeber unserer Gemeinde. In dessen Wappen und den Logos von Vereinen wie dem Sportverein findet sich sein Grün wieder. Er ist Lebens- und Erholungsraum zugleich.

bedroht

 Unser Wald ist durch den Klimawandel bedroht. Schädlinge wie der Borkenkäfer können sich besser ausbreiten und fremde Arten einwandern. Laut Fachleuten hat die Fichte dadurch wenig Zukunft in Bayern. Wie der Dürremonitor zeigt, haben wir die letzten Jahre viel zu wenig Niederschläge gehabt. Zudem nehmen Stürme zu, die große Schäden anrichten – so zuletzt 2017 mit Sturm Kolle 100 Mio. € Schaden. 

aus dem Gleichgewicht

Neben Klimawandel und Borkenkäfer schadet unserem Wald auch ein zu hoher Wildbestand. Nachdem die natürlichen Feinde (Wolf, Luchs) fehlen, ist es die Aufgabe der Jagd, dieses Gleichgewicht zu halten, damit der Wald seine ökonomischen und ökologischen Funktionen erhält. In Aicha ist dieses Gleichgewicht offensichtlich seit langem aus den Fugen.

Interessen

Unser Wald wird genutzt für …

Einkommen, Ertrag

Der Wald wird als Wirtschaftsgut für den nachwachsenden Rohstoff Holz genutzt. Waldbesitzer leben vom Ertrag des Waldes als Industrie- und Brennholz. Die wirtschaftliche Nutzung stellt für die Besitzer eine wichtige Einkommensquelle dar.

Jagd, Hobby, Freizeit

Der Wald wird in der Freizeit genutzt. Jäger pachten die Jagd von den Wald- und Grundstücksbesitzern und führen diese als Aufgabe neben ihrem Hauptberuf in der Freizeit aus. In den Staatsforsten gibt es in manchen Gegenden Berufsjäger. Viele Menschen gehen verschiedenen Hobbys im Wald nach wie Wandern, Jogging, Reiten etc.

Ökologie

Der Wald hat einen ökologischen Nutzen als CO2-Senke und Lebensraum für Wildtiere. Viele Naturschützer möchten den Wald als unberührten Raum belassen, also ohne Bewirtschaftung oder Jagd. Zeitgleich ist Wildfleisch im Gegensatz zu Schweine- und Rindfleisch klimaneutral und zudem ein vitamin- und mineralienreiches Lebensmittel.  

Mangelhafte Jagd schadet dem Wald

Da natürliche Feinde wie Wolf oder Luchs fehlen, ist eine Jagd durch Menschen nötig. Wenn diese mangelhaft ausgeführt wird, vermehrt sich das Schalenwild wie Rehe ungehindert. Ein zu hoher Wildbestand ist schlecht für den Wald, da durch den Wildverbiss von Jungpflanzen diese dauerhaft geschädigt werden und dadurch für die Waldbesitzer ein langfristiger Schaden in Millionenhöhe entsteht.

Der Wald kann sich nicht mehr von selbst verjüngen, weshalb viele Waldbesitzer Zäune errichten und künstlich anpflanzen. Das kostet je Hektar bis zu 10.000 €. Aus diesem Grund gibt es seit 2005 den gesetzlichen Grundsatz „Wald vor Wild“ (Bayerisches Waldgesetz). Nur dadurch können gesunde, ertragreiche, stabile Wälder erhalten bleiben.

Der Einfluss des Wildes auf den Wald ist beim bay. Forstministerium gut dokumentiert.

 

Die Jagd in Aicha gilt als mangelhaft

Damit sind nicht einzelne Personen gemeint, sondern ein Eindruck vom gesamten Gebiet. Ein Indikator für die Umsetzung dieses Gesetzes sind die staatlichen Forstgutachten (Verbissgutachten).

Aicha vorm Wald (Passau II) ist mit Griesbach III das Schlusslicht im Landkreis Passau: nur einmal seit 1997 waren wir im grünen Bereich, sonst zählten wir zu den „roten Revieren“. Die Jahrzehnte zuvor war es laut Berichten von Waldbesitzern genauso. Trotz teilweise hohem zeitlichen und finanziellen Einsatz seitens einzelner Jäger in den letzten Jahren.

Deshalb wurde bei uns vor ein paar Jahren sogar der Körpernachweis (Vorzeigen des erlegten Wildes) eingeführt – landkreisweit einmalig. 

Folgen

1

Geringere Erträge

Hoher Wildverbiss führt zu Schäden und Ausfällen an Jungpflanzen und damit zum Bedarf an Anpflanzungen und erhöhter Waldpflege. Künstliche Anpflanzungen sind zudem nicht so robust wie natürlich gewachsene Pflanzen. In Krisenzeiten ist Holz ein wichtiger Bau- und Brennstoff.

2

Weniger Klimaschutz

Wachsen weniger Bäume auf natürliche Weise nach, kann der Wald weniger CO2 speichern.

3

Weniger Hochwasserschutz

Ein dichter Wald hält das Wasser besser zurück und reduziert die Erosion (Boden, Steinschlag, etc).

4

Geringere Artenvielfalt

Hoher Wildverbiss führt zu Schäden und Ausfällen an Jungpflanzen und damit geringerer Artenvielfalt.

5

Mehr Wildunfälle

Bei hohem Wildbestand ist das Rehwild auf der Suche nach freien Revieren und quert somit vermehrt die Straßen. Dadurch entsteht ein höheres Unfallrisiko und somit höherer Schaden an Menschen (Personenunfälle), Tieren (Tierleid) und Fahrzeugen (Sachschäden).

6

Höhere Kosten für alle

Für die Waldbesitzer: Anpflanzungen, Zäune, Waldpflege.
Für die Allgemeinheit: KFZ-Versicherung, Klimaschutz, Hochwasserschutz, etc.

 

Sicherheit:

alle zahlen mit

Ein zu hoher Wildbestand führt zu hohen Wildunfällen und damit Personen- und Sachschäden – deutschlandweit laut dem Gesamtverband der Versicherer 940 Mio. € Sachschäden und 3000 Personenschäden. Im Laufe der Jahre wurden die Reparaturen teurer. Fast 90 Prozent der getöteten Tiere sind Rehwild.

 

Eine Auswertung von Unfallstatistiken und forstlichen Gutachten der Ludwig-Maximilian-Universität München zeigt einen eindeutigen Zusammenhang von Wildverbiss und Wildunfällen. Und die Landbevölkerung zahlt über die höhere KFZ-Versicherung mit – egal ob Waldbesitzer oder nicht.

Im Landkreis Passau sind seit Jahren etwa die Hälfte (!) der polizeilich gemeldeten Verkehrsunfälle Wildunfälle, teils mit tödlichem Ausgang.

Bayernweit sind es nur etwa ein Fünftel, in ganz Niederbayern ein Drittel, weil auch die Städte dazuzählen.

In Aicha v. W. waren laut Verkehrsunfallstatistik des Polizeipräsidiums Niederbayern 49 Prozent der Verkehrsunfälle Wildunfälle in den letzten 5 Jahren

Lösung: waldverträgliche Jagd

Die Lösung ist ganz einfach: wir brauchen eine Jagd, welche die gesetzliche Vorgabe „Wald vor Wild“ umsetzt.

Die Jagd hat laut Bayerischem Jagdgesetz u. a. folgendes Ziel: 

Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden, insbesondere soll die Bejagung die natürliche Verjüngung der standortsgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen (wie Zäune) ermöglichen“

Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) sagt:
„Wir brauchen bayernweit waldverträgliche Wildbestände“

und der Wald selbst?

„Der Wald zeigt, ob die Jagd stimmt“

Nutzen

1

Mehr Holz

Mehr Ertrag =
mehr Bau -und Industrieholz
mehr Brennholz

Überlappung von Jung- und Altbestand = Zeitgewinn um 20-30 Jahre!

Zudem ist die Holzqualität höher.

2

Mehr kostenlosen Klimaschutz

Wachsen weniger Bäume auf natürliche Weise nach, kann der Wald weniger CO2 speichern.

3

Mehr kostenlosen Hochwasserschutz

Besserer Wasserrückhalt, weniger Erosion.

4

Robustere Wälder

Natürlich verjüngte Mischwälder haben stabilere Wurzeln und sind robuster & widerstandsfähiger:
gegen Stürme und Dürren
gegen Schädlinge etc.

5

Mehr Artenvielfalt, besseres Wachstum

Die Biodiversität wird durch die Naturverjüngung größer. Und die Jungbäume wachsen durch den Altbestand vor Hitze, Frost und Trockenheit geschützt besser auf als auf der Freifläche.

6

Gesündere Böden

Die Naturverjüngung verhindert die Auswaschung von Nährstoffen wie Nitrat, bindet diese im Gegensatz zur kahlen Fläche und kann mehr Humus aufbauen. Dadurch wird die Bodenerosion gemindert.

7

Besserer Schutz für Tiere

Ein dichter Wald bietet mehr Unterschlupf und Schutz für zahlreiche, unterschiedlichste Tierarten.

8

Weniger Wildunfälle, mehr Sicherheit

Geringere Personen- und Sachschäden durch einen vorschriftsgemäßen Wildbestand: das Rehwild hat mehr Platz und geringeren Druck, Straßen zu queren. Das Unfallrisiko sinkt. Die Sicherheit steigt.

9

Geringere Kosten

Für die Waldbesitzer: keine Anpflanzungen, Zäune, Ausgrasen
Für die Allgemeinheit: geringere KFZ-Versicherung, mehr Klima- und Hochwasserschutz, bessere Böden, etc.

1200 € Prämie pro Hektar

Eine gelungene Naturverjüngung prämiert der Staat unter bestimmten Voraussetzung einmalig mit 1200 € pro Hektar (unter 20 ha sogar mit 1320 €/ha). Das zeigt, wie wichtig dem Freistaat ein gesunder Wald ist. Die Jagdpacht bringt im Vergleich dazu jährlich nur 3 € pro Hektar.

Naturverjüngung braucht Zeit

Landshut 2013

Tannenverjüngung mit Totalverbiss in Reichlkofen

Landshut 2023

Die gleiche Verjüngung 10 Jahre nach der Jagdwende

Aicha v. W. 2023

Auch wenn es bei uns erste positive Anzeichen gibt: wir stehen hier noch am Anfang

Mehr Sicherheit

Positives Beispiel Kellberg (Thyrnau): dort sind die Wildunfälle um 90 % zurückgegangen, nachdem die Jagdgenossenschaft selbst die Jagd ausgeübt hat (Eigenbewirtschaftung). Nach zwei, drei Jahren stärkerer Bejagung (Anzahl Tiere) kamen im Wald sehr viele Jungpflanzen von selbst empor. 

Ein angepasster Wildbestand sorgt also nicht nur für einen gesünderen Waldaufwuchs, sondern auch für mehr Verkehrssicherheit und damit für Schutz von Mensch und Tier.

Wichtig zur Jagdvergabe am 10.2.:

Die Wahl ist und bleibt geheim

Nachdem der gesamte Vorstand unserer Jagdgenossenschaft zurückgetreten ist, führt die Gemeindeverwaltung die Wahl durch. Die Einhaltung unserer demokratischen Grundprinzipien ist gewährleistet: die Wahl ist frei und geheim. Die Wahl bleibt auch geheim, da laut Gemeindeverwaltung die Stimmzettel ordnungsgemäß an einem neutralen Ort (in der Gemeindeverwaltung) verwahrt und nach einem Jahr vernichtet werden.

Jagdwende in Aicha v. W.

Laut offizieller Meldung der Gemeinde (Notjagdvorsteher) wurden folgende Jagdpächter neu gewählt:

  • Jagdbogen I (Weferting): Herde Manfred
  • Jagdbogen II (Aicha): Bürgermeister Richard und Florian
  • Jagdbogen III (Lehen): Ragaller Albert sen. und jun. und Ragaller Max

Laut anwesenden Jagdgenossen gab es bereits im ersten Wahldurchgang eine klare Stimmen- und Hektarmehrheit.

FAQ

Werden die Rehe ausgerottet?

Nein. Selbst im Staatswald, wo der gesetzlich vorgegebene Grundsatz „Wald vor Wild“ streng umgesetzt wird, gibt es einen natürlichen Wildbestand.

Ich sehe keine Rehe mehr, also gibt es keine mehr?

Nein. Das Rehwild ist sehr scheu und schlau und findet an vielen Stellen Unterschlupf, gerade auch in einem dichten, naturverjüngten Wald.

Werden Rehe in der Nacht geschossen?

Gesetzlich erlaubt ist die Jagd auf Rehwild 1,5 Stunden vor Sonnenaufgang bzw. nach Sonnenuntergang. Nachtsichtgeräte kommen nur für Schwarzwild zum Einsatz.

Lohnt sich Waldwirtschaft überhaupt noch?

Bei ausgeglichenem Wald-Wild-Verhältnis und ordnungsgemäßer Waldpflege kann der Wald auskömmliche Erträge wie die Landwirtschaft erzielen. Hier haben auch die Waldbesitzer eine große Verantwortung.

Was können Waldbesitzer tun?

  1. die Waldpflege verbessern
  2. das Interesse am Wald stärken
  3. Waldbewirtschaftungsverträge abschließen (für alle, die beruflich keine Zeit finden, sich um den Wald zu kümmern)
  4. Weiserzäune errichten
  5. Aufklärungsarbeit fördern
  6. Schulungen besuchen
  7. Jäger an Naturverjüngungsförderung beteiligen über eine niedrigere Jagdpacht

Wo finde ich weitere Infos?

Wir haben es in der Hand, welchen Wald wir sehen